Warum wir uns manchmal irrational verhalten

Wir leben heute mitten in einer weltweiten Schlacht um Aufmerksamkeit, die immer mehr all unsere Lebensbereiche durchdringt. Ob elektronische Medien oder die schier unendlichen Konsum-Möglichkeiten: Alles schreit nach Aufmerksamkeit und versucht uns glauben zu machen, wir müssten diese Aufmerksamkeit investieren, weil wir sonst etwas verpassen oder zu kurz kommen. Da scheinen sich plötzlich Mängel in uns zu melden, die uns zu Dingen verleiten, die rein vom Verstand her wenig Sinn machen. Oder mit Worten aus dem Film "Fight Club" ausgedrückt: "Von dem Geld das wir nicht haben, kaufen wir Dinge die wir nicht brauchen, um Leuten zu imponieren die wir nicht mögen."
Warum tun wir das?

Irgendwie erweckt sich mir der Eindruck, dass es das gleichzeitig offensichtlichste und doch bestgehütetste Geheimnis eines jeden Menschen ist: Wir sind bedürftige Wesen! Wir brauchen viel mehr Liebe, Aufmerksamkeit, Geborgenheit und Wertschätzung als wir oft zugeben. Als Kinder waren wir noch ziemlich transparent: Wir hatten es noch nicht gelernt, uns für unsere Bedürfnisse zu schämen oder schuldig zu fühlen und uns deshalb zu verbiegen und zu verleugnen. Natürlich vergossen wir auch immer wieder Tränen oder waren wütend, doch das half meistens, um zu verarbeiten und loszulassen, wenn wir mal nicht bekamen, was wir wollten. Im günstigsten Fall hat man unsere Gefühle sogar verstanden und respektiert - und ist vielleicht trotzdem in der Sache konsequent geblieben.
Doch da wir dies oft anders erlebt haben, schlich sich ein Mangeldenken in uns ein. An Gott zu richtende Bedürfnisse verdrehten sich in Ansprüche, die wir oft unbewusst an unsere Mitmenschen stellen: Du musst mir zuhören, mich verstehen, anerkennen, wertschätzen, einbeziehen, meinen Willen respektieren usw. Und wehe du tust es nicht! So ist es nur eine Frage der Zeit, bis uns auch unsere liebsten Mitmenschen enttäuschen und verletzen. Denn nichts und niemand auf dieser Welt kann unseren Ansprüchen genügen - auch wir selbst nicht.
Demgegenüber steht ein Gott, der nichts lieber tut als unsere Bedürfnisse zu stillen, da die Dreieinigkeit im Überfluss lebt. Wir sind geschaffen, um von Gott geliebt und gestillt zu werden, und zwar nicht nur bedingungslos, sondern auch nachhaltig. Das ist der Sinn des Lebens. Die Bibel ist gefüllt mit Hinweisen darauf, was die Dreieinigkeit für uns alles sein will: Freund, Vater, Friedensstifter, Fels, Halt, Versorger, Retter, Verteidiger, Wegweiser, Ratgeber, Tröster, Liebhaber, Lust und Freude usw. Wer von uns sehnt sich nicht zutiefst danach?

Mittlerweile verstehe ich auch mein eigenes verbissenes Suchen nach Anerkennung, als ich vor einigen Jahren als Musiker noch völlig getrieben von Bühne zu Bühne hetzte, nur für ein bisschen Anerkennung, das in seiner Wirkung sowieso nirgends hin reichte. Ich war relativ gut in dem, was ich tat, was es mir ermöglichte, mich dermassen selbst auszubeuten, bis ich in ein Burnout rasselte und jegliche Lust am Musizieren verlor. Es war kein schöner Einschnitt in meinem Leben. Doch rückblickend bin ich sehr dankbar für diese Zeit: Ich durfte vieles nachholen, was ich nie gelernt hatte, z.B. dass ich auch ohne Leistung und Bühne wertvoll und liebenswert bin, dass meine Bedürfnisse nichts Böses sind - und dass Gott sie tatsächlich stillt. Obwohl ich schon vor dem Burnout Christ war, sickerten diese simplen biblischen Wahrheiten nie wirklich in mein Herz hinunter. Ich war zu getrieben von meinem Mangel. Ohne Hilfe von aussen hätte ich den Ausstieg nicht geschafft, doch genau diese Demuts-Schritte wurden mir zum grössten Segen. Und heute kann ich meinen Erfahrungsschatz inklusive Musik geniessen und ohne Druck und Stress in mein Umfeld fliessen lassen.

Wie gehst du mit deinen Bedürfnissen um? Wie reagierst du, wenn du mit Ablenkungs-Angeboten konfrontiert bist? Auf was achtest du dann (nicht mehr)?

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Claudio Bezzola vom Beratungs-Team der Casa Immanuel
E-Mail: claudio.bezzola@casa-immanuel.ch