Unser erstes Tagesseminar: Einblicke ins «Gespräch danach»
Anfangs März 2024 haben wir unser erstes Tagesseminar in Zürich durchführt. Voller Begeisterung schauen wir mit euch zurück, wie wir diesen Startschuss erlebt haben, was uns begeistert, aber auch was uns herausgefordert hat und was wir selbst dadurch gelernt haben. Wir haben dieses Seminar zu dritt gestaltet: Katrin, Bettina und Monika. Monika hat im Anschluss an das Seminar beim gemeinsamen Abendessen an Bettina und Katrin einige Fragen gestellt, wie sie das erste Tagesseminar erlebt haben. Gern lassen wir euch an diesem Gespräch teilhaben:
Bettina, wie hast du das Seminar erlebt?
Ich blicke dankbar auf diesen Tag zurück, an dem ich das erste Tagesseminar miterleben und mitgestalten durfte, das zugleich auch mein erstes Seminar mit der Casa Immanuel war. Das Miteinander, der Austausch, sich zusammen in ein Thema zu vertiefen, das hat mich sehr gefreut.
Katrin, wie war es für dich?
Mir geht es ähnlich. Ich bin immer noch sehr begeistert, wie wir diesen Tag erlebt haben. Sowohl als gesamte Gruppe, und hier besonders die Offenheit und Ehrlichkeit von Anfang an, als auch unser Miteinander im Team.
Bettina, was ist dir wichtig geworden?
Für mich war der lebendige und offene Dialog in unserer Runde ein wichtiger Teil des Tages. Mir wurde einmal mehr bewusst, wie wertvoll und bereichernd ein solcher Austausch ist, bei dem wir offen über Schönes, Gelingendes, aber auch über Hürden und Stolpersteine in unseren Leben reden können.
Genau darin sehe ich den Wert solcher Seminare: Wir kommen zusammen, um uns diesen Lebensthemen zu widmen, sie gemeinsam anzugehen, unsere Ängste und Herausforderungen beim Namen zu nennen und einander zu bestärken, den Weg weiterzugehen.
Es ist mir erneut wichtig geworden, welche Bedeutung meine bisherige Lebensgeschichte auf mein heutiges Leben und Erleben hat und dass es sich durchaus lohnt, einen Blick auf die eigene Vergangenheit zu werfen. Was hat mich geformt? Welche Vorstellungen von Beziehungen trage ich in mir? Wie sehe ich mich selbst oder die Vertrauenswürdigkeit anderer? Denn diese Erfahrungen prägen die Art und Weise, wie ich denke und handle.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist für mich zu erkennen, wie bereichernd es doch ist, dass wir einen Gott haben, der mich in meinen Ängsten und Schwierigkeiten ernst nimmt. Ein Gott, der mich sieht und ich dadurch auch andere sehen kann. Ein Gott, der mich versorgt, damit ich auch andere versorgen kann.
Katrin, was ist das was dich bewegt hat?
Die Offenheit und Ehrlichkeit von allen, die dabei waren. Es war für mich ein Seminar, das wir gemeinsam gestaltet und geprägt haben. Für mich war es nicht so, dass wir einfach das erzählt haben, was wir vorbereitet hatten, sondern für mich hat jeder einzelne Teilnehmer mit seinen Gedanken das Seminar bereichert und ergänzt.
Was mich auch noch bewegt hat, waren die Gemeinschaft und das Miteinander, das herrschte. Für mein Empfinden von Anfang an. Besonders begeistert hat mich am Nachmittag der «Teamturm». Jeder war bei der Übung dabei, und jeder hat etwas über sich gelernt. Das sind für mich Momente, die man nicht planen kann. Bei solchen Gruppenaktionen ist es wichtig, dass jeder sich darauf einlassen kann, und das war definitiv der Fall.
Bettina, wie hast du dich auf das Seminar vorbereitet?
Einer meiner ersten Gedanken war: Was kann ich nur über das Geheimnis zwischenmenschlicher Beziehungen sagen, wenn ich es selbst immer wieder neu am Entdecken bin und dabei auch an meine Grenzen komme?
Ich beschloss, mir selbst ein paar Fragen zu stellen: Wo erlebe ich eigentlich Beziehungen? Was genau fordert mich heraus? Was gelingt mit gut und was eher nicht so? Und welches Bild von Beziehungen habe ich? Durch die Auseinandersetzung mit dem Thema entstand in mir das Bild einer Bergsteiger-Seilschaft. Mir fielen eigene Erlebnisse ein, die mit dem Bild der Seilschaft aufzeigen, wie Beziehungen im Alltag gelingen – oder eben auch nicht. Weil die vergangenen Bindungen und Beziehungserfahrungen so wichtig sind für das Verständnis von Beziehungen, habe ich meine Gedanken zur Seilschaft noch mit ein paar Überlegungen zur Bindungstheorie ergänzt.
Katrin, was war dir in der Vorbereitung wichtig?
Unser Miteinander. Ich habe es geschätzt, dass wir von Anfang an zu dritt das Seminar geplant und gestaltet haben. Auch wenn danach jede ihre Aufgaben «geschnappt» hat und ihren Teil für sich vorbereitet hat. Ich habe mir noch mal einige Gedanken zu Themen gemacht, die unser Miteinander prägen, und auch dazu, wie mich selbst in einzelnen Bereichen einschätze. Es war mir wichtig, Themen wie Teamfähigkeit, Kommunikation, Empathie oder auch Konfliktfähigkeit nicht einfach nur zu beschreiben, sondern in Bettinas Gedanken einzubinden. Das Bild mit der Seilschaft hat mir sehr geholfen. Auch die Erfahrungen und Ideen von Monika haben mir für die Vorbereitung sehr geholfen und meine Überlegungen erweitert.
Bettina, kannst du uns einen kleinen Einblick in deine Gedanken zur Seilschaft geben? Wie zeigt sich für dich das Geheimnis zwischenmenschlicher Beziehungen in einer Seilschaft?
Ich bin sehr gerne in den Bergen unterwegs. Je herausfordernder das Terrain, desto unverzichtbarer werden ein Seil und eine verlässliche Seilschaft. Für mich ist das eine passende Metapher für zwischenmenschliche Beziehungen. In einer Seilschaft zeigt sich schnell, wie mein Umgang mit mir selbst – meinen Gefühlen, Bedürfnissen, aber auch mit meinen Stärken und Schwächen – das Zusammenspiel der Gruppe und das Erlebnis der gesamten Tour prägt. Jedes Mitglied der Seilschaft ist durch ein Seil verbunden, das symbolisch für unsere sozialen Fähigkeiten steht. Diese hat Katrin mit uns im zweiten Teil genauer angeschaut.
Katrin, weshalb hast du genau diese vier Punkte gewählt? Es gibt ja unzählige Faktoren, die unser Miteinander prägen.
Da gebe ich dir völlig Recht. Für mich sind es unter anderem die vier Punkte, mit denen ich in jedem Lebensbereich konfrontiert werde. Egal ob ich zu Hause bin, mit der Familie unterwegs bin, im Berufsalltag stehe, Kinder erziehe oder meine Ferien geniesse – ich brauche meine Kommunikationsfähigkeit. Dafür ist es wichtig, dass ich mich in mein Gegenüber hineinversetzen kann. Es ist wichtig, dass ich bereit bin, Konflikte konstruktiv zu lösen und mich auf Teamwork einzulassen. Diese Kompetenzen formen wesentlich unser Miteinander in der Seilschaft.
Bettina, du hast nicht nur den Umgang mit mir selbst angesprochen, sondern auch meinen «inneren» Rucksack, weshalb?
Betrachtet man eine Seilschaft genauer, sieht man, dass jeder seinen Rucksack trägt. Dieser repräsentiert symbolisch unsere bisherigen Lebenserfahrungen. Die Bindungsforschung hat sich damit auseinandergesetzt, wie sich diese Erfahrungen auf unser Leben auswirken können: Unsere frühesten Kindheitserlebnisse verdichten sich zu einem inneren Bild oder «Arbeitsmodell», das unser Verhalten in sozialen Begegnungen stark beeinflusst.
Besonders gefreut hat mich, dass unser Seminar nicht mit der Beziehung zu mir und der Beziehung zum anderen abgeschlossen war, sondern dass du, Monika, das Bild der Seilschaft mit einer weiteren Beziehungsebene ergänzt hast – unserer Beziehung zu Gott. Diese ermöglicht es uns, dass wir nicht nur durch unsere sozialen Fähigkeiten miteinander verbunden sind, sondern, dass wir jederzeit auch mit Gott verbunden sind. Und das heisst, dass wir mit unserem Lebensrucksack (unserer Geschichte) und unseren Erfahrungen nicht allein sind. Wir werden im Aus- und Aufräumen unseres Lebensrucksacks begleitet und angeleitet.
Bettina, was hat dich heute begeistert?
Mich begeistert es, mit Menschen über Themen zu sprechen, die eigentlich jeder im Herzen trägt, aber selten offen diskutiert werden. Besonders spannend ist für mich auch, Fachwissen mit persönlichen Erfahrungen und biblischen Aussagen zu verknüpfen. Mich begeistert es auch zu sehen was entsteht, wenn Menschen mit unterschiedlichsten Talenten und Ressourcen zusammenfinden. Das Team vom COFFEE&DEEDS hat den Tag mit Gastfreundschaft und kulinarischem Können bereichert. Danke auch an die Reformierte Kirche Hirzenbach, die uns ihre Räume zur Verfügung gestellt hat.
Und dich, Katrin?
Ich kann mich dir da nur anschliessen. Und was mich auch begeistert hat, dass so viele Personen am Tagesseminar teilgenommen haben und einzelne Personen einen sehr langen Weg auf sich genommen haben, um dabei zu sein. Auch das uns entgegengebrachte Vertrauen begeistert mich immer noch.
Hat dich etwas herausgefordert, Bettina?
Eine Herausforderung für mich war, meine eigene Rolle in dem Leitungsteam zu finden, mir einen Platz im Team einzugestehen und diesen dann auch auszufüllen. Ich erlebte das Miteinander aber als ergänzend, konstruktiv und wertschätzend und ich fühlte mich daher schnell wohl. Das Geheimnis zwischenmenschlicher Beziehungen zu thematisieren und dabei auch immer wieder die eigenen Grenzen und das eigene Unvermögen zu erkennen: dieses Spannungsfeld hat mich gefordert, gleichzeitig aber auch bestärkt.
Katrin, du hast ja auch schon viel Erfahrung in der Gestaltung von Kursen. Hast du dennoch ein Herausforderung gespürt?
Ja, die Balance zu finden, wie viel Inhalt oder wie viele Übungen wir anbieten. Unsere Ideenkiste war ziemlich voll, und dann zu entscheiden, wie wir den Tag schlussendlich gestalten, das war für mich eine Herausforderung – eine gute Balance zu finden und den Mut zu haben, auch etwas wegzulassen.
Gemeinsam sind wir zu dem Schluss gekommen, dass dieses Tagesseminar ein genialer Auftakt für kommende Seminare war. Wir sind begeistert und dankbar nach Hause gefahren und haben bereits Pläne für weitere Seminare geschmiedet.
Bildhinweis: Krzysztof Kowalik / unsplash