Der Ankläger ist verstummt
Warum verfolgen mich ständig diese negativen, destruktiven Gedanken? Was geht in meiner Seele vor, dass sie in diesem desolaten Zustand ist? Wer ist Gott wirklich, und wo habe ich vielleicht ein falsches Bild von ihm?
Vor vier Jahren trieben mich diese Fragen um. Ich war verwirrt, erschöpft, antriebslos und hatte viele anklagende Stimmen in mir. Mein Leben hatte die Farbe verloren und fühlte sich dumpf und neblig an. Ich war enttäuscht von Gott, da ich mit ihm um konkrete Dinge gerungen habe, die nicht eingetroffen sind. Ich entschied mich für einen Aufenthalt in der Casa Immanuel. Ich erhoffte mir, dort Antworten auf meine Fragen zu bekommen, einen Weg aus der Depression zu finden und neue Klarheit in meiner Gottesbeziehung zu erhalten.
In einem ersten Schritt realisierte ich, dass das, was in mir abgeht nicht alles falsch ist und schnell weggedrückt werden muss. Ich lernte: „Was ist, darf sein“. Weder Gott noch sonst jemand klagt mich dafür an und ich selbst muss das auch nicht. Ich begann, mit mir selber liebevoller umzugehen.
In der WG Lebensschule erlebte ich, dass meine WG-Kollegen mich aushalten, auch wenn ich schräg drauf bin. Ich lernte, in Konflikten nicht mehr alles gegen mich zu richten, sondern meine Wahrnehmungen auszusprechen. Darin machte ich immer wieder die Erfahrung, dass das Klären von Beziehungen Entspannung bringt. Was meine Gottesbeziehung anbetrifft, haben mir Menschen hier vorgelebt, was es heisst, Gott zum besten Freund zu haben. Ich erkannte mehr und mehr, dass er immer für mich ist statt gegen mich. Das half mir, die Stimmen in mir besser zu unterscheiden und zu realisieren, dass es nicht Gott ist, der mich anklagt. Mein Gottesbild hat sich verändert.
Inzwischen habe ich zu einem tieferen Ja zu mir gefunden und stelle mich selber nicht mehr so in Frage. In meiner Gottesbeziehung ist das religiöse Muss abgefallen. Ich habe nicht mehr das Gefühl, ein Anderer sein zu müssen, damit Gott mit mir zufrieden ist. Ich habe mehr von Gottes Barmherzigkeit verstanden und erlebt. Daraus ist ein ehrlicherer Dialog mit ihm entstanden. Es ist nicht mehr so, dass er der Chef ist und ich sein Sklave.
Heute lebe ich Beziehungen meist ohne Machtgefälle. Ich sehe mein Gegenüber und mich selber als gleichwertig, auf Augenhöhe.
Mein Leben hat wieder an Farbe gewonnen, der Nebel ist verschwunden.
Christoph, 35